Politik

Herausgefallen

Ringstorff abgetreten - Krise beendet

Weit hatte er sich aus dem Fenster gelehnt, der Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern und SPD-Landesvorsitzende Harald Ringstorff - und ist hinausgefallen. Glück nur für seine Partei und das Bundesland im Nordosten, daß der Schaden, den er angerichtet hat, nicht allzu groß ist.
Was war geschehen? Ringstorff, stellvertretender Ministerpräsident in dem von einer großen Koalition aus CDU und SPD regierten Bundesland an der Ostsee-Küste, hatte sich über die CDU-Finanzministerin Bärbel Kleedehn erregt. Mit dieser sei keine Zusammenarbeit mehr möglich, weil sie bei den Verhandlungen zur Rettung der aus dem Vulkan-Verbund austretenden ostdeutschen Werften zu große finanzielle Belastungen für Mecklenburg-Vorpommern zugelassen habe. Ringstorff stellte ein Ultimatum für den Rücktritt seiner Kollegin und drohte andernfalls mit dem Bruch der großen Koalition.


Alternativen?

Als Alternative stellte er eine Übertragung des Magdeburger Modells in Aussicht. (In der Hauptstadt von Sachsen-Anhalt hält sich eine SPD-geführte Landesregierung nur mit den Stimmen der aus der SED hervorgegangenen PDS an der Macht.) Doch gerade vom Magdeburger Ministerpräsident Höppner wurde Ringstorff vor einem Zusammengehen mit der PDS gewarnt. Die Verhältnisse in den beiden Bundesländern seien unterschiedlich. In der Tat verfügen in Sachsen-Anhalt SPD und Bündnis 90/Die Grünen zusammen über mehr Abgeordnete im Landtag als die Oppositionspartei CDU. In Schwerin befinden sich dagegen nur drei Parteien im Parlament: CDU, SPD und PDS. Und von diesen ist die CDU eindeutig die stärkste.
Auch aus historischen Gründen wäre ein Zusammengehen mit der PDS pünktlich zum 50jährigen Jubiläum der umstrittenen Vereinigung von SPD und KPD zur SED ungeschickt gewesen. Schließlich gab es für die SPD noch einen anderen Grund, im Streit klein beizugeben: Über die Vertrauensfrage hätte CDU-Ministerpräsident Berndt Seite Neuwahlen herbeiführen können. Und aus diesen wäre die SPD gewiß nicht ungestraft hervorgegangen. Die Bürger haben nämlich wenig Verständnis für das von den Sozialdemokraten inszenierte Theater. Das Land hat genügend andere Probleme und braucht nun nicht auch noch Neuwahlen, die alle weiteren Entscheidungen aufschieben. Außerdem hatten die Parteigenossen von Harald Ringstorff dem von Ministerin Kleedehn ausgehandelten Kompromiß im Landtag ja selbst zugestimmt.


Umbildung

So kam es, wie es kommen mußte: Ringstorff gab seine Forderungen Stück für Stück auf. Aus dem Ultimatum wurde eine unbefristete Forderung. Schließlich einigte man sich auf eine Kabinettsumbildung. Ringstorff trat als Minister ab und wurde wieder Fraktionsvorsitzender. Zur Gesichtswahrung für die SPD wechselte Ministerin Kleedehn vom Finanz- ins Bauressort.
Bleibt die Frage, warum Ringstorff überhaupt den Streit vom Zaun brach. War es der Frust des Verlierers, der es 1994 nicht schaffte die CDU von der Führungsposition in Mecklenburg-Vorpommern zu verdrängen? Oder hatten die Gespräche des SPD-Bundesvorsitzenden Lafontaine mit PDS-Tonangeber Gysi bei Ringstorff die Hoffnung aufkeimen lassen, nun dürfe er mit den Unterdrückern von damals? Dafür fand er offensichtlich nicht die Unterstützung der Parteibasis. Übrigens: Auch Oskar Lafontaine kann sich nicht gerade der breiten Zustimmung durch sein Parteivolk rühmen: Nach einer Umfrage des ZDF-Politbarometers vom April glauben nur 22% der SPD-Mitglieder, daß die SPD voll hinter seiner Politik steht.

M.W.