Editorial

Ein Anfang

CDU Leverkusen diskutiert mit Ausländern

Das Verhältnis der CDU zu ausländischen Mitbürgern war bisher zwar nicht von Mißtrauen, aber von Aneinandervorbeileben bestimmt. Wenn überhaupt die CDU im Denken der Ausländer in Deutschland eine Rolle spielte, dann meist als Initiator scharfer Ausländergesetze und als Hemmnis für eine doppelte Staatsbürgerschaft.
Nun ist die CDU Leverkusen, auch gezwungen vom Maastrichter Vertrag, der den EU-Ausländern ab den Kommunalwahlen 1999 das Wahlrecht einräumt (natürlich auch Deutschen im EU-Ausland), auf die in Leverkusen lebenden Ausländern zugegangen. Der Kreisparteitag am 3. Mai in Opladen war ausschließlich dem Thema Ausländer gewidmet. Dabei bemühte sich CDU, nicht nur um die EU-Ausländer zu werben, sondern alle Ausländer in Leverkusen anzusprechen. Eingeladen waren daher Ausländer aller Nationalitäten.


Wahlrecht ab 1999

In drei Foren, in denen das Miteinanderleben, die speziellen Probleme der dritten Generation und rechtliche Fragen behandelt wurden, kam es zu äußerst lebhaften Debatten. So berichtete etwa eine junge Iranerin von ihrem Problemen: War sie im Iran, galt sie als "Deutsche", hier jedoch wird ihr ihr Anderssein vorgehalten. Die doppelte Staatsbürgerschaft, von der CDU bisher und durchaus mit guten Argumenten kritisch beäugt, wurde von vielen Ausländern gefordert - als Ausweg aus dem Dilemma, sich endgültig für die alte oder die neue Heimat entscheiden zu müssen. Auch gewichtige materielle Probleme bei der Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft kamen zur Sprache.
Bürgermeister Paul Hebbel und Ioannis Goudoulakis, Vorsitzender des Ausländerbeirates, hatten zuvor in zwei grundsätzlichen Reden die verschiedenen Horizonte - da bürgerlich-konservative Partei, dort ursprünglich als Arbeitskräfte geworbene Menschen - deutlich dargelegt. Goudoulakis beschränkte sich keineswegs auf ein Grußwort, sondern hielt der CDU in aller Freundlichkeit ihre - aus seiner Sicht - Fehler und Versäumnisse vor.


Gegen Gewalt

Paul Hebbel hatte in einer guten Rede, die er sogar zweimal von untermalender Musik unterbrechen ließ, das gewandelte Verständnis von Ausländern und Deutschen nachgezeichnet. Besonderen Beifall erhielt er von allen Zuhörern, als er Gewalt anprangerte - das Werfen von Molotowcocktails, ob nun von Deutschen auf Asylantenheime oder von Ausländern auf Polizisten, sei in jedem Fall zu verurteilen.
Eines machte dieser Parteitag ganz klar: Mit dem Kommunalwahlrecht für EU-Ausländer ist es nicht getan. In Deutschland und Leverkusen stammen fast 70% der Ausländer aus Nicht-EU-Staaten und werden daher ohne Wahlrecht bleiben.
Dieses Problem der Zwei-Klassen-Ausländer kann auf verschiedene Weise behoben werden. Entweder man gibt allen Ausländern, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, das kommunale Wahlrecht, was problematisch ist. Oder, und auch diese Wege wurden angesprochen: Einbürgerungen, besonders für die seit ihrer Geburt in Deutschland lebende dritte Generation, erleichtern und doppelte Staatsbürgerschaften ermöglichen.
Anfreunden kann sich die CDU mehr aus prinzipiellen Gründen noch am ehesten mit der rascheren Einbürgerung. Doch es geht nicht nur um juristische Fragen. Es geht um die Identität einer ganzen Generation hier geborener "Ausländer". Das darf man nicht vergessen.

G.D.