Leverkusen

Kommunal-Splitter

Dienstwagen-Affäre

Nun haben wir sie auch in Leverkusen. Die Dienstwagen-Affäre. Oberbürgermeister Dr. Walter Mende hat seinen Fahrer samt Dienstfahrzeug zur Erledigung einer Privatangelegenheit zur Redaktion der Rheinischen Post (RP) geschickt. Dort mußte der Fahrer Taschentücher zu einer Redakteurin bringen, als Ersatz für ein Tuch, das die Mitarbeiterin der RP wenige Tage vorher dem OB geliehen hatte.
P.S.: Daß in Leverkusen Dienstwagen ein besonders begehrtes Gut sind, zeigt der Nachdruck eines Beitrages aus unserer Nr. 98 vom Januar 1990. In den Vorberatungen zur Gründung einer EnergieberatungsGmbH hatten die Beteiligten in den Räumen des RWE in Essen das Fell schon verteilt, bevor das Tier geschlachtet war. Auch seinerzeit ging es um den fahrbaren Untersatz. Gesprächsteilnehmer war der damalige Leverkusener Stadtdirektor Dr. Walter Mende (siehe Faksimile).
P.P.S.: Dem ehemaligen AWL-Geschäftsführer Welzenberg hatte man unter anderem vorgeworfen, seinen Fahrer zur Erledigung privater Angelegenheiten eingesetzt zu haben. Welzenberg mußte gehen.

Innovationspark mit Schlagseite?

Was ist los mit dem Innovationspark Leverkusen? Im Januar startete das Unternehmen mit einer Kleinstanzeige die Suche nach Investoren. Begleitet wurde diese Aktion von der Unterzeichnung des Vertrages mit der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). In diesem Zusammenhang versprach man 5.000 neue Arbeitsplätze bis zur Jahrtausendwende, also in den nächsten dreieinhalb Jahren. (Leverkusener Anzeiger vom 17.1.1996).
Knapp zwei Monate später scheint hochgradige Nervosität in den Räumen des städtischen Managements eingezogen zu sein. Im Leverkusener Anzeiger vom 27.3.1996 reduziert Oberbürgermeister Mende seine früheren Ankündigungen erheblich. Jetzt sollen in den kommenden zehn Jahren (!) nur noch 4.000 Arbeitsplätze entstehen. Innerhalb von zwei Monaten schrumpft die Planungsgröße um fast 75 %, von 1.500 innovativen Arbeitsplätzen pro Jahr auf nur noch 400. Bisher scheint dies in Leverkusen aber niemanden zu stören.

Industriepark Bayer?

Die Bayer AG plant offenbar, auf den Freiflächen im Inneren des Bayerwerkes Fremdfirmen anzusiedeln, sogar an direkte Konkurrenz denkt man. Vorbild ist die Kronos Titan GmbH, die ebenfalls auf Bayer-Werksgelände produziert, aber zu 100% der amerikanischen NL Industries gehört und weltweit einer der härtesten Konkurrenten im Weißpigmentmarkt ist.
Um einen neuen Standort der chemischen Industrie aufzubauen, ist laut Bayer enormer Aufwand erforderlich. Daher dürfte es durchaus attraktiv sein, sich gegen Entgelt ins gemachte Nest zu setzen.
Andererseits: Wenn Bayer seine Betriebe massiv verlagert, wie zuletzt die Chromchemie nach Südafrika, warum sollten dann BASF, Hoechst oder Degussa in die Bresche springen? Sie arbeiten doch unter denselben Wettbewerbsbedingungen wie Bayer. Zudem scheint sich Bayer selbst Konkurrenz zu machen, denn man ist ja auch an der Erschließung des Wuppermann-Geländes beteiligt.
Obwohl die ökonomischen Realität Bayers Schritt verstehbar macht: An der Weisheit der Manager muß auch gezweifelt werden dürfen. Für die massive weltweite Diversifikation wird Bayer einen Preis zahlen müssen. Irgendwann in der Zukunft wird man sehnsüchtig von den Stärken des deutschen Standortes träumen - fähige Arbeiter, gute Infrastruktur, politische Stabilität, niedrige Inflation etc., aber nicht von ihnen profitieren, weil man in Deutschland nur noch Industrieparks managt.

G.D.