Politik

Jetzt geht's los!

100 Tage - ja, so lang ist es schon her, daß auf dem Mannheimer SPD-Bundesparteitag Rudolf Scharping als Ober-Sozialdemokrat gestürzt wurde. Daß der neue Vorsitzende Oskar Lafontaine heißen sollte, konnte man bisher kaum glauben, wenn man sich noch an dessen populistischen Sprüche während des Bundestagswahlkampfes 1990 erinnern kann. Tatsächlich schien es bisher die Taktik des neuen Vorsitzenden gewesen zu sein, seine Partei aus den (negativen) Schlagzeilen und somit aus dem Stimmungstief herauszuholen.
Doch nun holt Oskar endlich zur Rückeroberung der Lufthoheit über die Stammtische aus. Erstes Opfer sind die deutschstämmigen Aussiedler aus Osteuropa. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit solle man doch deren Zuzug drastisch begrenzen, so der Vorschlag Lafontaines. Na endlich, jetzt wissen wir, wer Schuld ist an der ganzen Misere. Nicht die katastrophalen Zustände, die die DDR in das vereinigte Deutschland als Mit-Gift einbrachte, und mit deren umbenannter Ex-Regierungspartei PDS der Mann von der Saar so ungeniert spricht. Nein, es sind die Menschen Schuld, die vor den Folgen ähnlich gearteter sozialistischer Experimente aus Osteuropa fliehen.
Doch der kleine Mann mit der spitzen Nase (Pinocchio ?) zog sich für seine Äußerungen nicht nur die erwarteten Ohrwatschen vom politischen Gegner zu. Auch von seinen grünen Traumkoalitionspartnern gab es ordentlich Schelte. Deren nicht gerade als Deutschland-begeistert bekanntes Vorstandsmitglied Jürgen Trittin warf dem SPD-Chef vor, er orientiere sich "einzig und allein an dem Willen, mit billigen Stammtischparolen auf Wählerfang zu gehen". Bei Aussiedlern handle es sich meist um Familien mit Kindern, "die beileibe nicht von den Rentenkassen leben, sondern einen erheblichen Beitrag für diese Kassen leisten".
Oskar, zum Ersten: Voll daneben! Vielleicht erzählt der Ministerpräsident des hochverschuldeten Saarlands beim nächsten Streich ja mal was zum Thema Sparen. Möglicherweise nehmen ihn die Grünen wenigstens da ernster. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben!

M.W.