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Schwergewicht am Haken

Ein Spezialkran installiert den Reaktor der neuen Therbananlage


Eigentlich handelt es sich "nur" um eine Art Dampfkochtopf - allerdings um einen ziemlich ungewöhnlichen: Der neue Reaktor, in dem die Bayer-Chemiker demnächst Nitrilkautschuk zu Therban™, einem Grundstoff für besonders öl- und hitzebeständige Gummisorten veredeln, bringt ohne Inhalt rund 140 Tonnen auf die Waage. Um ihn jedoch an seinen zukünftigen Platz in der neuen Produktionsanlage im Bayerwerk Leverkusen zu heben, muss eigens ein Spezialkran anrollen.
"Kräne dieser Größenordnung können Sie in Deutschland an einer Hand abzählen", sagt Montageleiter Gerd Mechlinski, der den Einbau des neuen Kessels koordiniert. "Der Kran kann tausend Tonnen heben - das entspricht dem Gewicht von tausend VW Golf." Daher muss bis zum 4. März, wenn der Kran seine Arbeit aufnimmt, einiges an Logistik-Know-how zusammenkommen. Der 1000-Tonnen-Goliath muss erst einmal - auf 20 Tiefladern - nach Leverkusen bewegt und zusammengesetzt werden. Allein die Auf- und Abbauarbeiten nehmen rund eine Woche in Anspruch.
Der Reaktor hat bis zu diesem Tag eine beeindruckende Reise durch Deutschland hinter sich. Im niederbayrischen Deggendorf wurde er auf ein Lastschiff auf der Donau verladen. Über den Rhein-Main-Donau-Kanal, den Main und Rhein führte ihn seine Reise am 28. Februar an den Bayer-Kai. Dort wurde er mit mehreren "kleineren" Spezialkränen, darunter zwei, die je 500 Tonnen heben können, vom Transportschiff auf einen Tieflader gesetzt.
Der Reaktor selbst wartet auch mit beeindruckenden inneren Werten auf. Zwar ist er mit seinen überber 4 Metern Durchmesser und mehr als 5 Metern Höhe nicht der größte, der derzeit bei Bayer seinen Dienst verrichtet. Aber: "Der Reaktor kann bis zu 150 bar Innendruck aushalten - das ist etwa das achtzigfache des Innendrucks eines Autoreifens und entspricht dem Druck in eineinhalb Kilometer Wassertiefe. Damit der Kessel das sicher verkraftet, besitzt er eine massive, fast zwanzig Zentimeter dicke Stahlwand", sagt Projektleiter Dr. Klaus-Uwe Ziegs, an dessen Computern die neue Therban-Anlage Gestalt angenommen hat.
Soviel Sicherheit erfordert natürlich einigen Aufwand. "Hier haben wir die Grenzen des technisch Möglichen berührt: Der zylindrische Teil dieses Kessels wurde aus einem einzigen Stahlblock geschmiedet, das können zur Zeit nur zwei Stahlwerke in Europa. Für den abgerundeten Boden gab es sogar nur einen Lieferanten", erklärt Ziegs.
Das Aufstellen eines solchen Schwergewichts ist ebenfalls keine einfache Übung: Der 1000-Tonnen-Krangigant nimmt den Reaktor vom Tieflader und setzt ihn nach einer Drehung um 90 Grad in 46 Meter Entfernung an seinem späteren Arbeitsplatz wieder ab; um diese Auslage gewährleisten zu können, werden zuvor 400 Tonnen Kontergewicht an den Kran gehängt. Die Seile, die den Reaktor halten, sind armdick und können ein Mehrfaches des Reaktorgewichts tragen; insgesamt wird diese Hebeübung sieben Stunden dauern.
Im Herbst soll die Anlage den Betrieb aufnehmen und in der ersten Stufe jährlich bis zu 3.000 Tonnen des Spezialkautschuks produzieren. Der Betrieb ist so konzipiert, dass ohne Schwierigkeiten eine Verdoppelung der Kapazität auf 6.000 Tonnen möglich ist.
Der neue Reaktor ist übrigens der größte Einzelposten auf Klaus-Uwe Ziegs Rechnung: Er allein kostet Bayer rund fünf Millionen Mark. Trotzdem ist dies nur ein Bruchteil der 120 Millionen, die das Unternehmen in die neue Anlage investiert, die einmal mehr als 60 Mitarbeiter beschäftigen und die Bedeutung des Standorts Leverkusen weiter sichern wird. Denn Therban ist ein Produkt mit Zukunft: Wenn der veredelte Kautschuk den Reaktor verlässt - für das Rühren der honigzähen Masse während der Reaktion ist ein sechs Tonnen schwerer Rührer notwendig - muss er nur noch gereinigt und in handliche Pakete geformt werden.
Hauptabnehmer dieses Gummi-Grundstoffs ist die Autoindustrie, die daraus ölbeständige Dichtungen, Schläuche und Antriebsriemen herstellt. Diese befinden sich in der Nähe der heißen Motorblöcke der neuen, immer leistungsfähigeren Automobil-"Triebwerke" und werden deshalb auf das Äußerste beansprucht.


Quelle: Pressemitteilung Bayer AG vom 28.02.2000
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Letzte Änderungen: 01.03.2000