Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie wird für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der "Künstlichen Photosynthese" geehrt


Archivmeldung aus dem Jahr 2018
Veröffentlicht: 26.04.2018 // Quelle: Bayer AG

Der Preisträger des "Otto-Bayer-Preises 2018" steht fest: Kuratorium und Stiftungsrat der Bayer Science & Education Foundation haben Dr. Tobias Erb die mit 75.000 Euro dotierte Auszeichnung zuerkannt. Der Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie erhält den Preis für herausragende Beiträge auf dem Gebiet der "Synthetischen Biologie und insbesondere ihrer Anwendung auf die künstlichen Photosynthese". Erb und seine Arbeitsgruppe verwenden dabei die Methoden der Chemie um neue biologische Stoffwechselwege am Reißbrett zu erzeugen ("metabolische Retrosynthese") und entwickeln so die Biologie zu einer synthetischen Disziplin.

Kohlendioxid (CO2) ist ein wichtiger und natürlicher Bestandteil der Luft und der Erdatmosphäre. Durch menschliche Aktivitäten, allen voran die Verbrennung fossiler Energieträger, stieg sein Anteil in der Atmosphäre in den letzten hundert Jahren auf nahezu die doppelte Menge an. Dieser Anstieg hat negative Seiten: So bewirkt der rapide Anstieg der CO2-Konzentration eine Verstärkung des Treibhauseffektes, der wiederum die globale Erderwärmung antreibt. Andererseits ist CO2 lebensnotwendig für Pflanzen, Algen und einige Bakterien: Sie wandeln das Treibhausgas in Biomasse um; bei der sogenannten Photosynthese entstehen aus CO2 und Wasser, Zucker und Sauerstoff.

Doch dieser drei Milliarden Jahre alte Prozess ist relativ langsam und ineffizient. Der zentrale Biokatalysator der Photosynthese, ein Enzym namens RuBisCO, wandelt im Schnitt lediglich fünf bis zehn CO2-Moleküle pro Sekunde um. Auf der Suche nach effizienteren Lösungen wurden Tobias Erb und sein Team in Mikroorganismen fündig, die praktisch überall auf der Erde vorkommen: In einem Gramm Erdboden befinden sich Millionen bis Milliarden dieser Kleinstlebewesen, die eine erstaunliche Vielfalt verschiedenster Biokatalysatoren besitzen. Unter diesen Biokatalysatoren befindet sich auch ein bis dato unbekanntes Enzym aus Purpurbakterien, das CO2 bis zu zehnmal schneller umwandelt als die RuBisCO in der natürlichen Photosynthese. In einer bahnbrechenden Arbeit gelang es der Arbeitsgruppe um Tobias Erb, auf Basis dieser hocheffizienten Reaktion und anderen Enzymen aus insgesamt neun verschiedenen Mikroorganismen einen künstlichen Stoffwechselweg zur CO2-Umwandlung im Reagenzglas zu erschaffen, was einen ersten Schritt zur künstlichen Photosynthese darstellt. Auf Grundlage dieser Arbeiten könnte in Zukunft ein relevanter Beitrag zur Deckung des menschlichen Energie- und Nahrungsbedarf entstehen und gleichzeitig die Menge an CO2 in der Atmosphäre verringert werden.

Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums, erklärt: "Die Umwandlung von Kohlendioxid aus der Luft in organische Kohlenstoffverbindungen bildet die Grundlage unserer Nahrungskette, unserer Energieversorgung und unserer modernen chemischen Industrie. Die Photosynthese ist der bekannteste Prozess zur Kohlendioxid Umwandlung. Tobias Erb ist mit seiner Forschung an bisher unbekannten CO2-umwandelnden Mechanismen in Mikroorganismen auf der Spur von neuen, künstlichen Stoffwechselprozessen, die zukünftig eingesetzt werden könnten, um CO2 als nachhaltigen Rohstoff zu verwenden. Tobias Erb ist ein Pionier dieser Technologie an der Schnittstelle zwischen Biologie und Chemie und erscheint der Jury daher als idealer Kandidat für eine Auszeichnung mit dem höchst angesehenen Otto-Bayer-Preis."

Der Otto-Bayer-Preis gilt als eine der angesehensten und begehrtesten Ehrungen für Naturwissenschaftler im deutschsprachigen Raum. Die feierliche Verleihung durch Werner Baumann, dem Vorstandsvorsitzenden der Bayer AG, erfolgt am 25. Juni 2018 in Berlin im Rahmen eines Festaktes. Mit dem Otto-Bayer-Preis werden Wissenschaftler geehrt, die wegweisende Forschungsbeiträge auf innovativen Gebieten der Biochemie und Chemie geleistet haben. Er wird bereits seit 1984 im Andenken an den Preisstifter und Erfinder der Polyurethan-Chemie, Prof. Dr. Otto Bayer, verliehen. Der 1982 verstorbene ehemalige Forschungsleiter der Bayer AG (nicht verwandt mit dem Firmengründer) förderte einen intensiven Kontakt zu den Hochschulen und unterstützte die universitäre Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

"Fortschritte in der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung sind unser Zukunftskapital. Wir wollen die Wissenschaft fördern und Exzellenz stärken", sagt Kemal Malik, für Innovation verantwortliches Vorstandsmitglied der Bayer AG und Vorstand der Stiftung. "Für das Erfinder-Unternehmen Bayer spielt die Forschung eine zentrale Rolle. Die Kenntnis, die Akzeptanz und die Anwendung von Zukunftstechnologien in den Life Sciences sind zentrale gesellschaftliche Rahmenbedingungen, zu denen Bayer auch über ihre Stiftungen und die Vergabe dieses Preises beitragen will", so Malik weiter.

Der Preis wird von der "Bayer Science & Education Foundation" vergeben. Die Stiftung versteht sich als Förderer von Innovation und Pioniergeist an der Schnittstelle von Industrie, Akademie und Zivilgesellschaft. Sie verfolgt als vorrangige Ziele die Ehrung herausragender Forschungsleistungen, die Förderung wissenschaftlicher Talente und die Unterstützung innovativer Schulprojekte in Biologie und Chemie. Im inhaltlichen Fokus stehen die Naturwissenschaften, Gesundheit und Medizin. Herausragende Forschungsleistungen honoriert die Stiftung im jährlichen Wechsel mit dem Otto-Bayer-Preis und dem Familie-Hansen-Preis, die mit jeweils 75.000 Euro dotiert sind. Zwei Preise für Nachwuchsforscher vervollständigen das Programm: der internationale Bayer Early Excellence in Science Award in den Kategorien Biologie, Chemie und Medizinwissenschaften mit einem Preisgeld von je 10.000 Euro, sowie der Bayer Thrombosis Research Award für Talente, die in der Thromboseforschung besondere Akzente setzen. Er wird alle zwei Jahre mit einem Preisgeld von 30.000 Euro verliehen.

Der neue Gewinner des Otto-Bayer-Preises, Dr. Tobias Erb (38), ist seit 2017 Direktor der Abteilung "Biochemie und synthetischer Metabolismus" am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg, wo er 2014 seine Arbeit zunächst als Max-Planck-Forschungsgruppenleiter aufnahm. Tobias Erb studierte Biologie und Chemie an der Universität Freiburg und promovierte dort 2009 im Labor von Prof. Dr. Georg Fuchs. Für seine Entdeckung des Ethylmalonyl-CoA-Wegs in Rhodobacter sphaeroides erhielt er den Promotionspreis 2010 der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM). Nach einem Postdoktoranden-Aufenthalt an der Universität Illinois (USA) war er Leiter einer Juniorgruppe an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, bis er 2014 an das MPI nach Marburg wechselte. 2016 erhielt Tobias Erb den Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und im Jahr 2017 den Forschungspreis der VAAM.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

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