Stadtplan Leverkusen


Das ZeTO: Bindeglied zwischen Forschung und Produktion

300 Millionen Euro Investitionen für Bayer-Chemikalien
Zentrales Technikum Organisch erhöht Synthesekompetenz im Pharmabereich


"Mit Investitionen von 300 Millionen Euro wird der Geschäftsbereich Chemikalien in den nächsten fünf Jahren seine Marktposition speziell für pharmazeutische Zwischenprodukte in Europa und den USA nachhaltig stärken. Dabei spielt das Zentrale Technikum Organisch (ZeTO) in Leverkusen eine wichtige Rolle. Allein hier werden zwischen 1998 und 2003 insgesamt 50 Mio. Euro investiert, mehr als die Hälfte davon ist bereits verbaut", erklärte Dr. Martin Wienkenhöver, Leiter des Geschäftsbereichs Chemikalien der Bayer AG, auf einer internationalen Pressekonferenz in Leverkusen.

Herausforderung c-GMP

Die Produktion von Arzneimittel-Zwischenprodukten und -Wirkstoffen erfordert ein spezielles Anlagen- und Qualitätsmanagement, das dem Standard der "current Good Manufacturing Practice" (c-GMP) entspricht. "Unsere Investitionen im ZeTO sind eine wichtige Voraussetzung dafür, bis zum Jahre 2004 unseren Feinchemikalien-Umsatz um 70 Prozent zu steigern. Für die Bereiche Pharma-, Agro- und Elektronikchemikalien rechnen wir in den nächsten Jahren mit einem Umsatzwachstum weit oberhalb des Marktwachstums", betonte Wienkenhöver.

Während das ZeTO sowohl Entwicklungs- als auch Produktionsaufgaben hat, wird derzeit in Murcia, Spanien, unter dem Namen Novochem eine reine Produktionsanlage errichtet, die neuesten c-GMP-Anforderungen genügt. Sie wird nach ihrer Fertigstellung in der 2. Hälfte 2001 exklusiv für Bayer arbeiten. Die dort eingesetzten Technologien werden ebenfalls im ZeTO entwickelt.

Strukturwandel im Feinchemikaliengeschäft

Der weltweite Feinchemikalienmarkt mit einem derzeitigen Volumen von mehr als 50 Milliarden Euro wird heute von Agro- und Pharmaintermediaten und -Wirkstoffen beherrscht, die rund 55 Prozent des Gesamtvolumens ausmachen. "Noch 1992 lag bei Bayer der Schwerpunkt weitgehend auf Farbstoff-Zwischenprodukten, die fast 60 Prozent unseres Geschäfts ausmachten. Innerhalb der letzten acht Jahre hat sich eine dramatische Wende vollzogen: Der Anteil der Farbstoffchemikalien ging auf zehn Prozent zurück, während sich der Umsatz mit Agrochemikalien fast verdoppelte. Er ist heute rund doppelt so groß wie unser Umsatz mit Pharmazwischenprodukten", erklärte Wienkenhöver den Strukturwandel im Bayer-Feinchemikaliengeschäft. Damit sei das Unternehmen im Agrochemikalien-Markt international bereits hervorragend positioniert. "In den nächsten Jahren wird es unser wichtigstes Ziel sein, den Pharmaanteil weiter zu steigern, denn auf dem Weltmarkt wird bereits fast jeder zweite Euro im Pharmageschäft verdient", fuhr er fort. Besonders profitabel und damit interessant seien in diesem Zusammenhang unmittelbare Vorstufen von Wirkstoffen und die Wirkstoffe selbst. In diesem Geschäftssegment mit entsprechend hoher Wertschöpfung wolle Bayer die Aktivitäten verstärken, und zwar sowohl in Europa als auch in den USA. In Nordamerika werde derzeit nach einem geeigneten Standort für ein neues "Kompetenzzentrum Pharma-Zwischenprodukte" gesucht.

Eine bereits verwirklichte Erfolgsstory ist die des chiralen Breitband-Antibiotikums Moxifloxacin, das Bayer unter dem Namen Avalox® bzw. Avelox® anbietet. Das jährliche Umsatzpotential für diesen noch jungen Wirkstoff schätzen Experten nahe einer Milliarde Euro. An der Entwicklung des technischen Herstellverfahrens für diese vom Bayer-Geschäftsbereich Pharma entwickelte Substanz war das ZeTO maßgeblich beteiligt. Sie wird heute in einem kürzlich von der amerikanischen "Food and Drug Administration" (FDA) auditierten Betrieb hergestellt.

Das ZeTO: Zentrale Bedeutung für Custom Manufacturing

Speziell auf die technischen und chemischen Möglichkeiten des ZeTO ging sein Leiter, Dr. Klaus Jelich, ein: "Jährlich werden im ZeTO rund 100 Produkte hergestellt, im Maßstab von unter 100 Kilogramm bis in den Bereich von mehreren 100 Tonnen. Die Hälfte davon sind "neue" Verbindungen, so dass wir – statistisch gesehen – alle zwei Jahre unser Produktportfolio komplett austauschen." In diesen Zahlen kommt bereits die zentrale Bedeutung des ZeTO für das Custom Manufacturing, also die exklusive Kundensynthese bei Bayer zum Ausdruck.

Charakteristisch für das ZeTO und weitgehend einzigartig in der Welt sei das breite Portfolio an technischer Ausrüstung und an verfügbaren Synthesetechnologien, die sich fast beliebig kombinieren ließen. Jelich hob in diesem Zusammenhang chemische Kernkompetenzen wie Chlorierungen, Phosgenierung, Oxidationen und Hydrierungen hervor, die auch unter GMP-Standards durchführbar seien.

Neue Methoden, etwa Tieftemperaturreaktionen, homogen katalysierte Kupplungsreaktionen oder enzymkatalysierte Reaktionen werden ebenfalls angeboten, das Portfolio werde außerdem in Zusammenarbeit mit anderen Forschungsabteilungen ständig erweitert.

"Aufgrund der großen Bedeutung enantiomerenreiner Produkte – bereits heute ist die Hälfte aller 'großen' Pharmaprodukte chiral – benötigen wir leistungsfähige Verfahren zur Racemattrennung", erläuterte Jelich eine spezifische Anforderung, der im jüngsten Investitionsprogramm Rechnung getragen wird. "Im Laufe des nächsten Jahres werden wir eine Trennanlage in Betrieb nehmen, die nach dem 'Simulated Moving Bed'-Prinzip (SMB, kontinuierliche Gegenstrom-Chromatographie) arbeitet und mit der wir jährlich bis zu 3.000 Kilogramm reiner Enantiomere werden gewinnen können." Ein weiteres, gerade abgeschlossenes Projekt im Rahmen des ZeTO-Investitionsprogramms, auf das Jelich einging, ist eine neue GMP-fähige Pilotanlage mit Kesseln zwischen 400 und 630 Litern Fassungsvermögen.

Vom Labor bis in die Produktion

"Unter den rund 340 Mitarbeitern des ZeTO sind überdurchschnittlich viele Chemiker, Ingenieure und technische Meister. Sie können effizient und schnell Kundenwünsche – zu Beginn oft nur eine Formel auf Papier – in ein Verfahren, in ein Produkt umsetzen," beschreibt Jelich die zentrale Anforderung des Custom Manufacturing. "Auf dem Weg von der Laborvorschrift zum Produktionsverfahren hilft uns unsere große Erfahrung, unsere vielfältige Ausrüstung, aber natürlich auch die einzigartige Infrastruktur, die wir hier am Standort Leverkusen vorfinden. Das gilt im Hinblick auf die Versorgung mit Rohstoffen und Energie, das gilt aber auch für Entsorgungseinrichtungen, Logistik und Informationsmanagement. Außerdem stehen uns auch die großen Zentralbereiche des Unternehmens – so etwa Forschung, Analytik, Technik sowie Sicherheit und Umweltschutz – bei der Lösung komplexer Probleme zur Seite.

Quelle: Pressemitteilung der Bayer AG vom 28.09.2000
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Letzte Änderungen: 28.09.2000